Wiederkehrende Beiträge – Einwohnerversammlung vom 21. Okt. 2013 u. GR-Sitzung am 7.11.13 „Ablehnung einer Einwohnerbefragung“

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Der Einladung zur Versammlung waren mehrere hundert Einwohner der Gemeinde gefolgt.  Das zeigt, dass das Interesse an Information, an Diskussion groß ist und wir sind froh, dass das Angebot der Gemeinde angenommen wurde. 

Herr Thielmann vom Gemeinde- und Städtebund RLP veranschaulichte das Thema verständlich, umfassend und neutral. Er beantwortete viele Fragen und machte die Vor- und Nachteile beider Abrechnungsvarianten deutlich, wies dabei darauf hin, dass eine Nichterhebung von Ausbaubeiträgen nicht zur Auswahl steht, da gesetzlich so vorgegeben.

Die meisten Ausführungen Herrn Thielmanns finden Sie auch in unserem Frage-Antwort-Katalog auf unserer Homepage und in Kürze auf der Internetseite der Gemeinde Vettelschoß. Wer nicht auf der Versammlung war, dem empfehlen wir die Lektüre dieser beiden Informationen und bieten an, uns persönlich mit Fragen zu löchern. Wir beantworten alle Fragen nach bestem Wissen und Gewissen und verweisen auf geeignete Ansprechpartner, wenn darüber hinaus mehr Information gewünscht wird.

Die entscheidende Frage nach der Höhe eines jährlich wiederkehrenden Beitrages (WKB)  für die Ortsgemeinde Vettelschoß wurde dahingehend beantwortet:

Alle Grundstücke der Gemeinde Vettelschoß, die Größe und  die Art der Nutzung  wurden in den letzten beiden Jahren durch die Verbandsgemeindeverwaltung  (VG) Linz erfasst (Bei der Abrechnung nach Einmalbeiträgen werden im übrigen die gleichen Kriterien zur Festlegung des Beitrages zugrunde gelegt.) und die Grundstücksfläche, die der Berechnung zugrunde zu legen ist, entsprechend ermittelt. Hiervon wurden die Grundstücke, die zur Einführung  eines WKB in der Verschonung wären, herausgenommen. Das sind solche Grundstücke, die an Straßen liegen, für die in den letzten 20 Jahren bereits Einmalbeiträge/Erschließungsbeiträge erhoben wurden.  Durch die Verschonung (max. 20 Jahre) wird eine kurzfristige erneute Belastung vermieden.  Legt man die Restfläche zugrunde, so würden im ersten Jahr nach Einführung der Wiederkehrenden Beiträge anfallen:

5 Cent pro m²,

das bedeutet für ein Baugrundstück (mit 1,5 Stockwerken) von 600 m² in einem Abrechnungsjahr

·         bei Baukosten von 100.000,00 € 42,00 Euro

·         bei Baukosten von 200.000,00 € 84,00 €

·         bei Baukosten von 300.000,00 € 126,00 €

·         bei Baukosten von 400.000,00 € 168,00 €  usw.

Frau Stirba, Leiterin der Fachabteilung in der VG Linz, teilte ferner mit, dass in       

        2010 rund 300.000,00 Euro für den Ausbau der Lerchenstraße angefallen waren,

·         2011  k e i n e   Ausbaukosten und

·         2012 geringe Restbaukosten für die Lerchenstraße (ich habe den Betrag leider nicht notiert, sorry)

demzufolge hätte  der wiederkehrende Beitrag

·         2010 bei rund 126 €  gelegen,

·         2011 hätte es 0,00 € wiederkehrenden Beitrag gegeben und

·         2012 hätte ein Beitrag von unter 10,00 € bezahlt werden müssen.

Da in den nächsten 20 Jahren immer mehr Grundstücksflächen aus der Verschonung fallen, wird der Beitrag pro Quadratmeter kontinuierlich sinken.

Von Interesse war, ob die Baukosten  pro Jahr gedeckelt werden können. Herr Thielmann erläuterte, dass dies rechtlich nicht möglich ist.

Frau Stirba machte deutlich, dass in aller Regel pro Gemeinde höchstens eine Straße pro Jahr ausgebaut würde und eventuell für eine andere Straße Teilleistungen möglich sind. Weder die Personalkapazität der Verbandsgemeinde noch die hier herrschenden Wetterverhältnisse im Winter gäben es her, mehr auszubauen.  Dem Einwand, dass für die Straße Willscheider Weg 900.000,00 Euro Gesamtbaukosten angefallen waren, entgegnete sie, dass diese über drei Jahre verteilt waren und demzufolge jährlich rund 300.000 Euro hätten umgelegt werden müssen, es werden nie die Gesamtkosten einer Ausbaumaßnahme abgerechnet, sondern die tatsächlich geleisteten Zahlen eines Kalenderjahres.

Herr Thielmann machte deutlich, dass die Gemeinde schließlich 35 % der Gesamtkosten alleine trage und auch die Gemeinde in ihrem Haushalt keine hohen Straßenausbaukosten verkraften möchte, sich die Ausbauhäufigkeit auch hierdurch reguliere. Darüber hinaus werde natürlich auch die Gemeinde mit ihren vielen Grundstücken beim WKB jährlich stark belastet  und deshalb werde sie kein Interesse an zu hohen Ausbaukosten, zu hohen WKB-Beiträgen haben.

Die Gemeinde habe ein Ausbauprogramm beschlossen, das jedoch in Kürze überarbeitet werde (so Frau Stirba). Daran könnten sich die Bürger orientieren. Überraschungen, Vorziehen, Schieben sind jedoch jederzeit möglich, z.B. dann falls  ein Kanal einbricht und dringender Handlungsbedarf besteht. Zum Zeitpunkt des Ausbaus von Landes- und Kreisstraßen kann keine konkrete Aussage gemacht werden, da hierauf kein Einfluss besteht. Für den Ausbau der L 252 werde sich immer wieder eingesetzt,  ein Ausbau in der Ortslage Kalenborn wurde für 2014 anvisiert, genaue Daten liegen aber nicht vor.  Die Ausbaukosten der Landes- und Bundesstraßen zahlen Land und Bund, Nebenanlagen und Beleuchtung fallen mit in die Berechnung des WKB.

Die Frage, warum erst oder gerade jetzt über das System der Beitragserhebung von Straßenausbaubeiträgen entschieden werden soll wurde u.a. wie folgt beantwortet:  Die Ratsmitglieder wurden 2010 erstmals über die Möglichkeit einer Erhebung durch Wiederkehrende Beiträge  informiert. Es wurde vereinbart, die Arbeiten an den verschiedenen Komponenten wie Straßenzustand, Beleuchtung, Versorgungsleitungen (Kanal, Wasser, Strom, Gas, Telekom, DSL) abzustimmen. All diese Bemühungen mündeten in einem vorläufigen Bauprogramm. Parallel errechnete die VG-Verwaltung die Grundstücksfläche, wie oben dargestellt. Zum Schluss wurde ermittelt, welche Grundstücke wie lange in der Verschonung sind. Dies ergab, dass die Gemeinde jetzt die Möglichkeit hat, umzustellen. Sollte eine weitere Straße ausgebaut werden, würden mehr als die Hälfte der Grundstücksfläche in der Verschonung sein und es würde ca. 10 Jahre dauern (weitere Ausbauten ständen an, Straßen kämen nur nach und nach aus der Verschonung), bis sich eine Einführung  WKB wieder rechne.

In vielen Wortbeiträgen und Fragen kam zum Ausdruck, dass es in Teilen ein großes Misstrauen gegen die Gemeinde- und Verbandsgemeinde gibt. Immer wieder wurde der WKB mit der Verschuldung der Gemeinde, dem Bürgerhausbau etc. vermischt. Herr Thielmann machte unmissverständlich deutlich, dass die Beiträge beim WKB ausschließlich zweckgebunden sind und nur dem Straßenausbau (nicht der normalen Unterhaltung von Straßen und schon gar nicht für andere Zwecke) dienen dürfen und werden. Die entsprechenden Zahlen werden dem Beitragszahler jährlich zugestellt, sie sind vom Bürger nachprüfbar. Die Gemeinde werde aber auch durch Kommunalaufsicht und Rechnungsprüfungsamt kontrolliert.  Es wurde angemerkt, dass man die Zahlen des WKB überprüfen kann, wohingegen der Leitungsbau bei Strom, Wasser, Gas, Investitionen in Kläranlagen, Pumpwerken des Abwasserwerkes, die alle in die jeweiligen Gebühren einkalkuliert werden, widerstandslos akzeptiert und bezahlt werden, während der Gemeinde hier ein widerrechtliches Vorgehen unterstellt wird.

Zur Frage, wer letztlich entscheide, welches System zukünftig gelten werde, erklärte Herr Thielmann, dass die Entscheidung beim Gemeinderat liege. Gesetzlich sei dies so vorgegeben. Von einer vorherigen Umfrage unter den Grundstückseigentümern rate er dringend ab. Zu viele Eigeninteressen  würden den Blick auf das Ganze unmöglich machen und die Materie sei sehr kompliziert. Nicht jeder Bürger würde sich vor seiner Entscheidung umfänglich einarbeiten.

Wie geht es jetzt weiter? Das wissen wir heute selber noch nicht. Die Entscheidungsfindung geht weiter und bitte melden Sie sich, sagen Sie uns Ihre Meinung pro und kontra, stellen Sie uns Fragen, gerne auch direkt an unseren Kontakt auf dieser Homepage.

Anmerkung der SPD-Fraktion vom 30. Oktober 2013

Im Anschluss an die Einwohnerversammlung kam es zu Diskussionen, Gesprächen, Fragen. Dieser Gedankenaustausch war kontrovers  und ist fruchtbar.  Auch das Gespräch, das unsere Fraktion mit Vertretern der Bürgerinitiative führte, war konstruktiv. Es konnten Fehlinterpretationen ausgeräumt werden und das übergroße Misstrauen gegenüber Gemeinde und Verwaltung, die mit Zahlen untermauerte Befürchtung, dass die jährlichen WKB-Beiträge durch hohe Ausgaben beim Straßenausbau deutlich höher liegen könnten, als in der Versammlung angegeben, nehmen wir ernst. Eine Konkretisierung des vorläufigen Ausbauprogramms ist geboten, um für verlässliche Klarheit zu sorgen.

Wiederkehrende Beiträge wurden in der Gemeinderatssitzung am 7. November behandelt, eine Einwohnerbefragung abelehnt:

Die FWG trug Ihren Antrag zu den Wiederkehrenden Beiträgen vor, wonach die Verwaltung beauftragt werden soll, eine amtliche Einwohnerbefragung aller Grundstücks-/ Hausbesitzer in Vettelschoß, die zu einem wiederkehrenden Beitrag herangezogen werden, vorzunehmen. Das Schreiben mit einem einfachen Rückantwortschein „Ja“ oder „Nein“ sollte bis zum 15.11.13 an die Bürger abgeschickt sein. Als letztes Rücklaufdatum sollte der 30.11.13 gelten. Ein Gremium, vom GR festzulegen, sollte die Auszählung vornehmen … Die sich daraus ergebende Meinung (bei einer Beteiligung von 30 %) sollte vom Gemeinderat umgesetzt werden. Als Begründung wurde aufgeführt, dass das Interesse der Bürger groß ist und die WKB kontrovers gesehen werden. Zur Befriedung der Gemeinde sollte der Weg über die amtliche Einwohnerbefragung gewählt werden.

Seitens des Ortsbürgermeisters wurde angemerkt, dass es rechtliche Probleme gäbe. Der neue Büroleiter der VG Linz, Herr Heck, teilte mit, dass der Gemeinderat nicht an ein Ergebnis einer Befragung der Einwohner gebunden werden kann. Ein Bürgerentscheid gegen die WKB sei rechtlich ausgeschlossen. Eine Einwohnerbefragung sei möglich. Sie könne aber nur der Information dienen, die Formulierung der Frage müsste auch entsprechend so gewählt werden, dass erkennbar ist, dass der Gemeinderat nicht an das Ergebnis gebunden ist.

Seitens der SPD wurde vorgetragen, dass die Befragung der Grundstückseigentümer zur Einführung der WKB von der SPD-Fraktion bereits im interfraktionellen Gespräch im September als Möglichkeit eingebracht worden war. Vorab sollte ausreichend und ausgewogen informiert werden. Deshalb wurden Flyer und Einwohnerversammlung initiiert.
Wir hätten uns gewünscht, wir hätten nach der Einwohnerversammlung die weitere Vorgehensweise mit allen Fraktionen besprochen. Das war scheinbar nicht gewünscht. Nach den Einlassungen des Referenten in der Einwohnerversammlung wurde klar, dass eine Befragung zum WKB nicht so ohne weiteres umzusetzen wäre. Viele Fragen waren für uns ungeklärt: Wer erfasst die Grundstückseigentümer, wer erledigt die Erstellung, Versendung. Wer ist Empfänger der Rückantworten? Wer erfasst das Ergebnis? Werden frankierte Rückumschläge beigefügt? Kann die Verwaltung in Linz mit dieser Erledigung beauftragt werden? Wer entscheidet bei Grundstücken mit mehreren Eigentümern? Hat jedes Grundstück (jede Parzelle) die gleiche Stimme, unabhängig von Größe und Nutzung? Wer entscheidet über die Stimmabgabe der vielen gemeindlichen Grundstücke? Oder werden der Einfachheit halber einfach alle Bürger der Gemeinde befragt?

Die SPD schlug vor, den Antrag der FWG in die Dezember-Sitzung zu vertagen und die weitere Vorgehensweise zu besprechen.

Die CDU trug vor, dass eine Einwohnerbefragung ein nicht repräsentatives Bild wiederspiegeln kann. Gegner seien motivierter als Befürworter, abzustimmen. Auch würden die Befragten nicht verstehen, dass der Rat dennoch selber entscheiden kann. Wie wäre eine große schweigende Mehrheit zu werten?  Die Gemeinderatsmitglieder müssten ihre Verantwortung übernehmen, die sie mit der Wahl erlangt habe.

Die FWG wollte vertagen, falls nicht schon in der Dezembersitzung über die WKB abgestimmt würde.

Ortsbürgermeister Schneider teilte mit, dass er beabsichtige, in der Dezember-Sitzung abstimmen zu lassen.

Demnach wurde über den Antrag der FWG abgestimmt. Der Antrag wurde abgelehnt mit den Stimmen der CDU-Fraktion bei einer Enthaltung aus der SPD-Fraktion.

Anmerkung zur GR-Sitzung

Es ist nachvollziehbar, dass man einen Antrag, wie die FWG ihn gestellt hat, einbringt, wenn man vom Ortsbürgermeister das Signal erhält, in der Dezembersitzung wird abgestimmt. Es ist aber auch offensichtlich, dass einem solchen Antrag keinen Erfolg beschieden wird, wenn man die Mehrheit nicht auf seiner Seite hat. Ich hätte mir sehr gewünscht, wir hätten uns in den gut zwei Wochen zwischen Einwohnerversammlung und Ratssitzung noch einmal zu diesem Thema getroffen und würden als Rat – bei allen differenzierten Auffassungen zum WKB  durch alle Fraktionen hindurch, gemeinsam handeln, so wurde nichts erreicht, außer die Stimmung weiter angeheizt.

Eine Befragung der Grundstückseigentümer hatten wir beim letzten gemeinsamen Treffen im September 2013 vorgeschlagen nach ausgewogener Information. Die Erkenntnis, dass dieser Weg nicht verbindlich für den Rat beschritten werden kann, mussten wir auf der Einwohnerversammlung zur Kenntnis nehmen. Der neue Büroleiter der Verbandsgemeinde Linz zeigte in der Gemeinderatssitzung jedoch einen Weg über eine unverbindliche Einwohnerbefragung auf. Dies wäre vielleicht der bessere Weg gewesen, würden alle Einwohner befragt und nicht nur die betroffenen Grundstücksbesitzer würde – frei von dem Gefühl, alle wollen nur mein Geld und „die Gemeinde“ will uns nur „bescheißen“  – eine hilfreiche Informationsquelle für die Ratsmitglieder zur Entscheidungshilfe aufgetan worden. Deshalb hatten wir gebeten zu vertagen. Auch wenn das Abwasserwerk auf eine Entscheidung zum Straßenausbau Alter Hohn drängt, wäre es möglich gewesen, die Abstimmung über WKB um 2 – 3 Monate zu schieben und die Einwohnerbefragung durchzuführen. Anfang des Jahres wird auch die Entscheidung über die Annahme der Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe fallen. Auch das hätte mehr Klarheit zur Entscheidungsfindung gebracht. Die nächste Ratssitzung am 18. Dezember muss wohl im Forum stattfinden, das Interesse wird groß sein. Als Fraktion werden wir heute noch einen Antrag auf den Weg bringen, vorher im Ausschuss und Rat über die Aktualisierung des Straßenausbauprogramms zu beschließen. Wenn schon eine Entscheidung im Rat in der Dezembersitzung ansteht, soll wenigstens klar sein, worüber man für die nächsten 10 Jahre abstimmen soll.