Entgangene Gewerbesteuer
Mitteilung der SPD- und FWG-Fraktion im Gemeinderat Vettelschoß
Am 16. Juli 2012 hatten SPD und FWG die Kommunalaufsicht um Prüfung der Angelegenheit „entgangene Gewerbesteuer“ gebeten.
Mit Schreiben vom 20. Nov. 2012 antwortete die Kommualaufsicht. Diese Antwort spiegelte jedoch nur die Wiedergabe der bereits bekannten Einlassungen der VG Linz wieder.
U. a. wurde zitiert, die betreffenden Gremien seien „offen und umfangreich“ informiert worden.
Hierzu erlaubten wir uns am 24.11.2012 folgende Anmerkung:
In der betroffenen Ortsgemeinde Vettelschoß wurde nach Entdeckung des entstandenen Schadens im Februar 2012 nur der Ortsbürgermeister durch die Verbandsgemeinde Linz unterrichtet. Diese Information war unumgänglich, da der zuständige Sachbearbeiter zunächst den Ortsbürgermeister über die zu erwartende Nachzahlung (nach Anruf des Steuerprüfers des Steuerschuldners) informiert hatte, diese freudige Nachricht nach Erkennen der Verjährung der Steuerschuld jedoch wieder zurücknehmen musste. (Warum der Ortsbürgermeister seinen Rat nicht informierte, entzieht sich unserer Kenntnis, wurde er um Verschwiegenheit gebeten?)
Die Vettelschoßer Fraktionsvorsitzenden wurden erst Monate später (Juni 2012) informiert. Nach unserem Kenntnisstand wurden die Beigeordneten und Ratsmitglieder des Verbandsgemeinderates Linz durch die Presse erstmalig im Juni 2012 mit dem Vorgang konfrontiert. Nähere Erläuterungen für Vettelschoßer Ratsmitglieder gab es erstmals in der Gemeinderatssitzung am 27. Juni 2012, in der nicht alle Fragen der Gemeinderatsmitglieder beantwortet wurden. War man zu dem Zeitpunkt noch davon ausgegangen, dass es eine Ursachensuche und –behebung ohne Schuldzuweisungen geben sollte, an der alle mitarbeiten, hatte man nach dem Presseartikel im Veröffentlichungsblatt der VG Linz den Eindruck, „Angriff ist die beste Verteidigung“. Hieraus resultierte in einer Gegenreaktion der Finanzverwaltung die Bekanntgabe eines Anrufes des Steuerschuldners auf der Kasse der Verbandsgemeinde vor Eintritt der Verjährung. Somit eröffneten sich für uns Betroffene neue Fragen. Dabei stellt man sich auch die Frage, warum war kein Vertreter aus Vettelschoß, kein Vertreter des Verbandsgemeinderates zum Gespräch mit Staatssekretär Barbaro eingeladen? Wieso wurde eine Gegendarstellung der Finanzverwaltung im Mitteilungsblatt verhindert? Ist es transparent, wenn der Verbandsbürgermeister alle Vorgänge in der Verbandsgemeindeverwaltung alleine prüft und bewertet?
Erst am 29. August wurde der Gemeinderat Vettelschoß von Verbandsbürgermeister Fischer weiter über die Angelegenheit informiert und Fragen beantwortet. Einige Einlassungen des Bürgermeisters in dieser Sitzung wurden später in Pressemitteilungen durch Angaben der Finanzverwaltung relativiert.
Die FWG-Fraktion hatte zur Prüfung des Jahresabschlusses 2009 einen Antrag eingebracht, der ihr mehr Klarheit in der Angelegenheit verschaffen sollte. Dieser Antrag wurde seitens der VGV Linz mit Blick auf die Thematik der Sitzung „Jahresrechnung 2009“ als nicht zulässig abgelehnt. Zumindest Belege aus dem Jahre 2009 über Dienst- und Arbeitsanweisungen (internes Kontrollsystem, Korruptionsprävention), ein Geschäftsverteilungsplan und eine Verwaltungsgliederung (s. Örtl. Rechnungsprüfung in RLP, 1. Auflage 2012) hätte den Mitgliedern des Rechnungsprüfungsausschuss jedoch vorgelegt werden müssen. Dies hätte geholfen, die Abläufe in der Verwaltung nachzuvollziehen, lag doch das Prüfungsjahr schon hinter dem Zeitpunkt der Abschaffung der besagten Kontrolllisten. Aufgrund der Nichtbehandlung im Rechnungsprüfungsausschuss stellte die FWG termingerecht den gleichlautenden Antrag zur Behandlung in der Gemeinderatssitzung im August 2012 mit dem einzigen TOP „Gewerbesteuerangelegenheiten“. Der Antrag wurde nicht auf die Tagesordnung gesetzt.
Wenn das Rechnungs- und Gemeindeprüfungsamt des Kreises darlegt, dass die Aufarbeitung des Vorganges in erster Linie Aufgabe der örtlichen Prüfung sei, so muss es uns auch sagen, wie diese Prüfung vorstatten gehen kann? Soll der Rechnungsprüfungsausschuss warten, bis endlich der Jahresabschluss 2012 beraten wird, wo in diesem Jahr erst der Abschluss 2009 zur Prüfung vorgelegt wurde, um weitere Auskünfte zu erhalten? Wie sollen Gemeinderatsmitglieder prüfen, wenn Sie erst so zeitverzögert von den Vorgängen in Kenntnis gesetzt werden, an der internen Aufklärung des Verbandsbürgermeisters nicht teilhaben durften, bislang zu keiner Einsicht in die Akten eingeladen wurden, nicht an Gesprächen beteiligt werden…. und zum guten Schluss immer auf das „hohe Gut des Steuergeheimnisses“ verwiesen werden?
Diese Behinderung unserer Aufklärungsarbeit befördert erst einen Verdacht, ob hier etwas verschleiert werden soll.
Ob die vorgeschilderte Situation keine kommunalaufsichtliche Relevanz bietet, wagen wir zu bezweifeln.
Zu vorgeschildertem Sachverhalt gab es im Schreiben der Kommunalaufsicht vom 17. Januar 2013 keine einzige Anmerkung.
Weiter machten wir auf folgenden Umstand aufmerksam und baten um Klärung:
Es bleibt vor allem die Klärung des Anrufes durch den Steuerschuldner bei der VG Linz (Kasse). Hierauf gehen Sie in Ihrer obigen Stellungnahme nicht ein.
Dass es einen Anruf auf der Kasse gegeben hat, ist unstrittig.
Laut der Darstellung von Staatssekretär Dr. Barbaro am 13.09.12 im Haushalts- und Finanzausschuss des rheinland-pfälzischen Landtages (s. Anlagen: Auszug öffentliche Sitzung Haushalts- und Finanzausschuss Landtag RLP, vom 13.09.12, Presseartikel Rhein-Zeitung vom 10.07.2012) wurde durch den Steuerschuldner selbst in einem Anruf auf der VG-Kasse auf die ausstehende, zu zahlende Gewerbesteuernachzahlung hingewiesen. Diese sollte mit einer Erstattung verrechnet werden. (Der Steuerschuldner wartete auf die besagten Bescheide der VG Linz (zugunsten der OG Vettelschoß) und wollte mit seiner Bitte um Verrechnung den Zinslauf der Steuerschuld unterbrechen. Es wurde nach diesem Anruf der Erstattungsbetrag ausgezahlt.) Eine solche Vorgehensweise des Steuerschuldners (nämlich durch die Verrechnung seine Zinslast zu senken) erscheint durchaus nachvollziehbar, nachvollziehbarer als die Annahme, die Konten des Steuerschuldners, wohin die Erstattung überwiesen werden sollte, seien der VG nicht bekannt, und der Anruf habe nur der Benennung des Kontos gedient.
In der VG hätte aufgrund des Anrufes das Fehlen des Steuerbescheides durch eine Rückfrage beim Finanzamt geheilt werden können und die Zahlungsaufforderung vor der Verjährung den Steuerschuldner erreicht.
Geht ein Gewerbesteuerbescheid ein, wird diese Forderung zeitgleich mit der Zahlungsaufforderung an den Schuldner ins System eingebucht. ( s. Anlage Schematische Darstellung bis zum Gewerbesteuerbescheid, übergeben durch VG Linz am 29.08.12)
Die Kasse, die auch das Mahnwesen für die gesamte Verbandsgemeinde betreibt, hat jederzeit Einsicht in diese Buchungen und hätte beim Anruf des Steuerschuldners dessen Konto aufrufen können und feststellen müssen, dass eine entsprechende Anforderung über diesen Betrag fehlte.
Eine Nachfrage beim zuständigen Sachbearbeiter hätte diesen dazu veranlassen müssen, beim Finanzamt nachzufragen. Das Fehlen wäre bemerkt worden und hätte rechtzeitig korrigiert werden können.
Auf unsere obige Bewertung des Vorganges „Anruf bei der Kasse“ geht die Kommunalaufsicht in ihrer Antwort nicht ein.
Wir stellten folgende Fragen:
Kann die Kommunalaufsicht das Steuergeheimnis auf need-to-know-Basis öffnen und beim betroffenen Steuerschuldner hinsichtlich des obigen Anrufes den Sachverhalt näher ermitteln?
Unsere Frage zielte, wie unschwer erkennbar ist, ausschließlich auf die Klärung des besagten Anrufes des Steuerschuldners. Die Kommunalaufsicht ist der Meinung, dass sie keinen Bedarf für eine unmittelbare Kontaktaufnahme mit Dritten sieht und grundsätzliche die Legitimation der Kommunalaufsicht zu einer solchen Kontaktaufnahme erst geprüft werden müsste, sich jedoch diese Prüfung wegen ihrer obigen Einschätzung erübrige.
Hat die Kommunalaufsicht die Darlegungen der betroffenen Mitarbeiter der Verbandsgemeindeverwaltung eingesehen und kann sie diese bewerten?
Was sagt die Verbandsgemeinde Linz zu diesem Telefonanruf des Steuerschuldners der Ihnen vorliegenden Stellungnahme?
Die Beantwortung der Kommunalaufsicht geht zu diesem Punkt ebenfalls vollkommen an unserer Fragestellung vorbei. Unsere Fragestellung kann man nicht unabhängig von dem vorstehenden Text beantworten. Hier wird im Wesentlichen die Darstellung der VG übernommen, ohne auf die Feststellungen in unserem Schreiben einzugehen.
Der Kasse obliegen die Überwachung des Zahlungseingangs und das Mahnwesen, sie hat Einblick in alle Buchungen, d.h. spricht ein Steuerschuldner vor, dass er ein Guthaben mit seiner millionenschweren Steuerschuld aus dem Jahre 2008 verrechnen möchte, muss das für den Kassenmitarbeiter Anlass genug sein, unter dieser Firma in die Sollstellungen zu schauen. Stellt er fest, es ist nichts zum Soll gestellt, zuckt man nicht mit den Schultern, sondern man nimmt Kontakt zu dem zuständigen Sachbearbeiter auf und bittet ihn um Prüfung. Wir reden ja hier nicht von einem Kleckerbetrag, sondern Millioneneinnahmen, die vor einer Verjährung standen.
Was sagt der Gemeindeversicherungsverband zu diesem Anruf? Ist er über diesen Anruf (und die strittige Widergabe dessen Inhalts) informiert?
Hier gibt die Kommunalaufsicht die Angaben der VG wieder, ohne darauf einzugehen, in welcher Form diese Info an den Versicherer erfolgte. Nach Vorgeschildertem wird die VG wohl in dem von ihr vertretenen Sinne an den Versicherer geschrieben haben und schließt damit einen Erstattungsfall in der Eigenversicherung von vornherein aus.
Sollte der Anruf in der beschriebenen Art und Weise stattgefunden haben, so wäre dies unserem Erachten nach ein glasklarer Fall für eine Erstattung durch die Eigenschadenversicherung, denn die besagten Gewerbesteuern hätten rechtzeitig angefordert werden können, lautete unsere Schlussbemerkung und diese hat – auch nach der erneuten Bescheidung durch die Kommunalaufsicht – für uns weiterhin Bestand.
Wir fragen uns, ist es außer uns tatsächlich allen egal, dass Land, Kreis, Verbandsgemeinde und Gemeinde hier ein millionenschwerer Verlust entstanden ist.
Es wundert uns, dass niemand sich für eine Schadensregulierung einsetzt, auch nicht unsere CDU samt Ortsbürgermeister vor Ort, oder wie sollen wir euer Schweigen deuten.
Der unbedarfte Leser könnte jetzt sagen, warum geben die keine Ruhe von FWG und SPD in Vettelschoß, warum wollen die eigentlich unbedingt diesen Schaden ersetzt haben, von der Millionen Gewerbesteuer bleibt ja eh nicht viel in der Gemeindekasse. Stimmt! Aber da die Steuerschuld lange Jahre zurück liegt, hätte es eine sehr stattliche Verzinsung gegeben und diese wäre in der Gemeindekasse verblieben. Diese enorme Verzinsung macht es für uns auch umso wahrscheinlicher, dass der Steuerschuldner ein großes Interesse daran hatte, die festgestellte Gewerbesteuernachzahlung so schnell wie möglich zu begleichen und spricht für die Darstellung des Telefonanrufes durch den Steuerschuldner bei der VG Linz wie im Landtag von Mainz öffentlich mitgeteilt.
Wir halten unsere im Schreiben an die Kommunalaufsicht dargelegte Schlussfolgerungen für möglich und die entscheidende Frage ist, kann man den Anrufer des Steuerschuldners zum Ablauf des Anrufes auf der Kasse der VG befragen und wenn ja, sind seine Einlassungen beweisbar, nachvollziehbar, glaubhaft? (Die in der VG vorliegende Kopie eines Vermerkes des Steuerschuldners ohne Unterschrift und Datum kann diese Frage nicht abschließend beantworten. Er bedarf konkreter Nachfragen Unbeteiligter – der Kommunalaufsicht?)
Was sollte der Steuerschuldner für ein Interesse haben, sich gegenüber der Finanzverwaltung RLP in dem oben beschriebenen Sinne zu äußern, er muss die Steuerschuld durch die eingetretene Verjährung in keinem Fall mehr zahlen. Warum also sollte er die Unwahrheit sagen?
Uns und der Kommunalaufsicht liegen keine anderen Bewertungen, als die des Verbandsbürgermeisters Fischer vor. Es ist nur natürlich und völlig normal, dass man alle Abläufe und Vorgänge aus seiner eigenen Sicht analysiert und wiedergibt. Jeder Mensch neigt ganz selbstverständlich dazu, Geschehnisse aus seiner Sicht darzustellen und das nicht gerade zu seinem Nachteil. Damit wollen wir ausdrücklich niemandem Falschaussagen oder Vorsatz unterstellen.
Immer wieder fragen wir uns, darf der gesamte Vorgang lediglich von einer Person untersucht und bewertet werden? Darf die Person entscheiden, wann Betroffene zu informieren sind und wer was einsehen darf?
Wir fragen uns, was ist die Aufgabe einer Kommunalaufsicht?
Nach unseren jetzigen Erfahrungen wohl nicht die einer Aufsicht, vielmehr die, den zu Überprüfenden um Stellungnahme zu bitten, diese zu übernehmen und dem Antragsteller als Ergebnis zu übermitteln?
Was bleibt uns, der Klageweg? Wer kann es sich leisten bei diesem Streitwert.
Die übergeordnete Aufsichtsbehörde einschalten? Wir haben jedes Vertrauen in diese Stellen verloren.
Wir rennen gegen eine Wand und sind mit unserem Latein am Ende und desillusioniert und demokratiemüde.
Gabi Marquardt, SPD-Fraktion
Norbert Rohringer, FWG-Fraktion
Vettelschoß, 23.01.2013